Elterngeld beantragen
Wenn Sie das Elterngeld beantragen, sollten Sie die folgenden Punkte unbedingt beachten.
Die Beantragung des Elterngeldes scheint auf den ersten Blick recht einfach zu sein. Antragsformulare ausfüllen, unterschreiben und an die Elterngeldstelle schicken. Irgendwann bekommt dann einen Bescheid und freut sich über das Elterngeld. Soweit die Theorie ... in der Praxis gibt es dabei leider kleine und auch große Stolpersteine. Wir weisen Sie daher hier auf die größten Gefahren hin.
Ausfüllen nach bestem Wissen kann viel Geld kosten
Das mag sich zunächst übertrieben anhören ... und da wir auch kostenpflichtig zum Elterngeld beraten vielleicht auch wie ein Marketing-Spruch um Kunden zu fangen, aber leider rufen uns täglich Eltern an, bei denen am Ende nicht das Elterngeld auf dem Bescheid steht, dass die Eltern sich selbst erdacht hatten und mit dem sie sich die Elternzeit finanziell absichern wollten. In diesen Fällen hilft dann meist nur noch ein Kniefall vor dem Arbeitgeber, denn auch wenn das Elterngeld deutlich geringer ausfällt, haben Eltern in der Elternzeit kein vorzeitiges Rückkehrrecht an den Arbeitsplatz.
Wie kann sowas passieren? Um dies Frage zu beantworten, helfen vielleicht am besten drei anschauliche Beispiele.
Statt 21.600 nur 3.600 Euro Elterngeld
Eine Juristin aus dem Familienministerium arbeitet nach dreijähriger Elternzeit ab Januar 2016 wieder in Vollzeit. Im Laufe des Jahres wird sie erneut schwanger und erwartet im Dezember ihr zweites Kind. Da die Finanzen der Familie durch die dreijährige Elternzeit noch sehr angespannt sind, reicht sie bei ihrem Arbeitgeber diesmal nur Elternzeit für 12 Monate ein. Gleichzeitig beantragt sie das Basiselterngeld für diese 12 Lebensmonate. Ihr Partner nimmt die ersten beiden Lebensmonate die Elternzeit und das Elterngeld in Anspruch. Beide rechnen jeweils mit dem monatlichen Höchstbetrag in Höhe von 1.800 Euro. Für die Juristin sind dies insgesamt 1.800 x 12 = 21.600 Euro.
Nach drei Monaten kommt der Elterngeldbescheid. Statt 1.800 Euro erhält die Juristin nun lediglich 300 Euro Elterngeld. Insgesamt fehlen der Familie nun (1.800 - 300) x 12 = 18.000 Euro. Die beiden Eltern hatten einfach nicht gewusst, dass aufgrund der sich auf dem Haus befindlichen Solaranlage nicht die letzten 12 Kalendermonate, sondern das Jahr vor der Geburt Berechnungsgrundlage für das Elterngeld sind. In 2015 hatte die Juristin leider keine Einkünfte, sodass sie nur den Mindestbetrag erhält. Auf das Jahr 2015 würde übrigens auch dann zurückgegriffen werden, wenn die Anlage erst 2016 installiert worden wäre.
Zum Hintergrund: Der Rückgriff auf das letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungsjahr geschieht immer bei Einkünften aus Gewerbe, Land- und Forstwirtschaft oder selbstständiger Arbeit. Diese Regelung dient der Verwaltungsvereinfachung. Leider ist sie häufig nicht im Sinne der Eltern. Im Rahmen unserer Beratung hätten wir die Eltern entsprechend informiert. Vielleicht hätten sie die Solaranlage bzw. das zur Stromeinspeisung angemeldete Gewerbe, dann doch lieber auf die Großeltern, die auch im Haus wohnen, übertragen. Natürlich rückwirkend zum 01.01.2015.
Zwei Monate mehr Elterngeld für arbeitslose Alleinerziehende
Claudia ist seit 10 Monaten arbeitslos. Sie beantragt für 12 Monate das Mindestelterngeld von 300 Euro. Sie erhält auch einen entsprechenden Elterngeldbescheid zugestellt und meint, dass sie alles richtiggemacht hat.
Was meinen Sie? Was hätte Claudia besser machen können? Die Lösung liegt hier in den beiden sogenannten Partnermonaten. Wenn einer der Partner in mindestens zwei Bezugsmonaten weniger verdient, dann stehen beiden Eltern insgesamt 14 Monatsbeträge Elterngeld zu, von denen aber eine Person maximal 12 in Anspruch nehmen kann. Die beiden anderen sind so immer dem Partner vorbehalten, daher werden sie auch Partnermonate genannt.
Auch Claudia kann von dieser Regelung profitieren, denn sie gilt auch für Alleinerziehende. Da sie im Bemessungszeitraum in zwei Monaten noch etwas verdient hatte, liegt ihr Durchschnittseinkommen vor der Geburt über dem Betrag von 0 Euro und damit über Ihrem Einkommen in den Bezugsmonaten (0 Euro). Sie hat somit Anspruch auf die beiden Partnermonate und erhält so noch einen 13. und 14. Bezugsmonat mit jeweils 300 Euro Elterngeld.
Vorsicht vor den Richtern und dem Ministerium
Ein Architektenpaar hat beruflich als GbR Erfolg und erwartet zum 01.06.2016 ihr erstes Kind. Die Mutter beantragt die ersten 12 Monate Basiselterngeld, der Vater für die ersten beiden Monate. Im 13. bis 16. Lebensmonat wollen sie zusätzlich die Partnerschaftsbonusmonate in Form von Elterngeld Plus beziehen. Sie rechnen jeweils mit dem Höchstbetrag von 1.800 (Basiselterngeld) bzw. 900 Euro (Elterngeld Plus). In den ersten beiden Lebensmonaten haben die Eltern keine Einkünfte, für den 3. bis 12. Lebensmonat ändern sie die Gewinnverteilung so, dass der Mutter keine Gewinnanteile zustehen. Sie arbeitet ja in dieser Zeit auch nicht mit.
Von der Elterngeldstelle bekommen beide einen vorläufigen Bescheid über die maximalen Elterngeldbeträge. Gleichzeitig weist die Elterngeldstelle darauf hin, dass nach Ablauf der Bezugsmonate der Zuverdienst noch einmal geprüft werden wird. Die Eltern verstehen das und reichen nach Ablauf des Bezugszeitraums schon mal eine vom Steuerberater für die Bezugsmonate angefertigte Übersicht der Ein- und Ausgaben ein. Laut der Übersicht müssten sie kein Elterngeld zurückzahlen.
Im Herbst 2018 fordert die Elterngeldstelle die Steuerbescheide der Jahre 2016 und 2017 an. Die Eltern verstehen den Grund nicht, schicken aber die Bescheide natürlich trotzdem zu. Nach ein paar Wochen bekommen beide Post von der Elterngeldstelle. Sie werden aufgefordert insgesamt mehr als 15.000 Euro Elterngeld zurückzuzahlen.
Warum fordert die Behörde das meiste Elterngeld zurück? Die Lösung steht nicht im Gesetz und auch nicht in den amtlichen Richtlinien (Stand Juli 2016), sondern in einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG). Das BSG hat im Juni 2016 entschieden, dass es bei Personengesellschaften nicht auf den Zuverdienst in den beantragen Bezugsmonaten ankommt, sondern auf das gesamte Steuerjahr. Dadurch ergibt sich leider eine ganz andere Betrachtung. Dies konnten die beiden Eltern zwar nicht wissen, da das Urteil am 01.06. noch gar nicht vorlag, aber das interessiert das Familiienministerium leider nicht.
Hintergrund: Die Richter am BSG zeigen leider manchmal, dass sie das Elterngeld so überhaupt nicht verstehen. Beispielsweise hatten sie in einem früheren Urteil schon mal durchgesetzt, dass es bei Mehrlingsgeburten pro Mehrling einen eigenständigen Anspruch auf das Elterngeld gibt. Dabei wollte der Gesetzgeber den Mehrlingseltern lediglich 300 Euro pro Mehrling zusätzlich geben. Auch das Urteil zu den Personengesellschaften zeugt von Unkenntnis. Nach dem Urteil ist der Sinn des Elterngeldes für Gesellschafter von Personengesellschaften so nicht mehr gegeben. Wir haben daher das Familienministerium kontaktiert und darum gebeten, das Gesetz an der Stelle zu konkretisieren bzw. die Richtlinien für die Verwaltung so anzupassen, dass das Urteil nicht umgesetzt wird. Leider folgt das Ministerium unserem Rat nicht, sondern findet das Urteil sogar gut.
Fazit
Bei der Antragstellung gibt es viel zu beachten. Wir haben hier anhand von drei Beispielen dargestellt, dass es sehr wichtig ist, sich vor der Antragsstellung ausgiebig beraten zu lassen. Manchmal, wie beim Urteil des BSG, hilft das aber leider auch nicht.